Mittwoch, 11. April 2012

Vangvieng

Vangvieng gilt als der Partyort in Laos schlechthin, so dass wir Ballermann-ähnliche Zustände erwartet hatten, als wir endlich ankamen. Aber zunächst erschien uns alles ruhig, es war so ca. 17 Uhr. Wir haben uns eine Bleibe gesucht und haben das bisher beste Zimmer für sehr kleines Geld bezogen: ein Fenster zur Hauswand, eine absolut nicht schließende Klotür, eine Glas-Zimmertür ohne Schloss. Immerhin haben wir einen Vorhang vor die Glastür bekommen, der aber erstmal besorgt werden musste. Außerdem hatten wir eine Rotlicht-Lampe, die gut mit den grün gestrichenen Wänden harmonierte (dimmbar!) und drei Poster: zwei Babys in Windeln mit Hut, zwei süße Hündchen und ein Paar in Unterwäche in verfänglicher Pose, darunter der Schriftzug Get Well Soon. Im Reiseführer stand, dass man die ganze Nacht das Gedröhne der Partymeute hören würde, aber in der ersten Nacht haben wir nur die megalaute Musik der laotischen Hochzeit gehört, die auf der anderen Straßenseite gefeiert wurde. Ein paar halbnackte Besoffene sind uns dann aber schon auf der Straße begegnet und wir hatten eine erste Ahnung..

einfach geschmackvoll
 Aber verstanden haben wir es erst am nächsten Tag. Nach einem gemächlichen Start sind wir auch zum "Tubing", für das man mit einem aufgeblasenen LKW-Schlauch im Songtheo 3,5 km den Tam Xong raufgefahren und da abgeladen wird. Dann wird plötzlich alles klar: am Flußufer reihen sich Bars mit Uffta-Uffta-Musik aneinander, beim Betreten der ersten Location  gibt es den Begrüßungs-Schnaps umsonst und danach wird aus Buckets (Eimern) getrunken. Die meisten sind zwischen 20 und 25, wenig bekleidet, von oben bis unten mit Edding und Spühfarbe angemalt und zehn Animateure bespaßen die Meute mit Saufspielchen und Gruppentanzen. Ich fühle mich sehr alt und wir bestellen erstmal Bier.

Start Tubing

Wir sitzen also staunend ein bißchen am Spielfeldrand und ich frage mich, ob das damals in Spanien auch immer so abgegangen ist (kann sich noch jemand erinnern?). Björn bestellt gruppenanpassungsmäßig im Anschluß ans Bier ein Bucket und ich tue so, als würde ich mittrinken (er merkt´s aber ;).

Wir geben uns Mühe.. ;)
 Nach einer ganzen Weile fangen wir endlich mal mit dem eigenlichen Tuben an, das heißt wir hängen uns in unsere Schläuche und lassen uns den Fluß heruntertreiben. Ungefähr 50 m, denn dann werden wir wie die lahmen Enten am herübergeworfenen Seil in die nächste Bar abgeschleppt. Dort werden wir aufgefordert, unsere kompletten Klamotten zu tauschen und die Animateurin möchte mit ihren Knien im Handstand meine Sonnenbrille abnehmen, Björn soll zusehen. Ich kapier nix.
Wir probieren zum ersten Mal die Gerätschaften aus, mit denen man sich hier in Wasser stürzen kann: überall gibt es Holzkonstruktionen, an denen Seile, Trapeze oder ähnliches befestigt sind, man hängt sich dran und lässt über dem Wasser los.

da war das Ohr noch ganz

Eigentlich ganz witzig, wenn Björn und ich es nicht geschafft hätten, uns beide das Trommelfell zu reißen, er rechts, ich links. Am nächten Tag haben wir beide Spaß mit Hörminderung, Otorrhoe und Ohrenschmerzen. Bei mir gesellt sich noch ein hübsches Ohrgeräusch dazu. Weil ich so was in Kapstadt schon mal hatte, bin ich überzeugt, dass es am nächsten Tag weg ist, aber dem ist leider nicht so.
Wir schaffen es noch ungefähr zwei Bars weiter, dann müssen wir nach einem knappen Drittel der Strecke aussteigen und mit dem Tuk-Tuk zurück in die Stadt, denn wir würden es nicht mehr im Hellen schaffen.

Mud Volleyball - ist das ein Sport?
Am nächten Tag mieten wir ein Moto, um ein wenig in der Gegend herumzufahren, denn die Karstlandschaft mit den wahnsinnigen Bergen sieht einfach toll aus. Gleich an der ersten Höhle steigen wir ab und klettern ein ordentliches Stück, oben sind wir völlig verschwitzt. Die Höhle ist schön, aber der Aufstieg war ganz schön beschwerlich.
Höhle mit unbekanntem Namen
 Über die üble Schotterpiste kommen wir kaum schneller als zu Fuß voran. Auch diesmal schaffen wir die geplante Runde nicht, aber das macht nix. Wir erreichen eine blue lagoon, die nicht mehr als ein hübsches Wasserloch ist und fragen uns, ob das wirklich die viel gepriesene Lagune sein soll. Später finden wir aber noch die "richtige" Blue Lagoon und bleiben auch sehr lange in der tiefen Höhle, die dazugehört. Ohne Lampe wären wir hier total aufgeschmissen. Im vorderen Höhlenbereich gibt es einen liegenden Buddha, der im hereinscheinenden Licht toll aussieht, hinten wird es stockfinster.

Buddha in der Tham Pou Kham (Goldkrabbenhöhle)
Wassertröpfchen an der Decke der Höhle sehen im Licht der Taschenlampe aus wie Diamanten
Inzwischen sind wir aus unserem grünen Luxuszimmer in einen schönen Bugalow auf der anderen Seite des Flußes umgezogen, auf die man über eine wackelige Bambusbrücke kommt. Hier haben wir ein Fußballfeldgroßen Rasenplatz vor der Tür und Ausblick auf die Karstberge. Björn fühlt sich hier so wohl, dass er gerne noch einen Tag bleiben möchte.
Am nächsten Morgen stehe ich mal ein bißchen früher auf, Björn ist wie immer schon um sieben oder so wach. Wir laufen zu einem kleinen Berg hinter unserem Bugalow und wollen um 8 Uhr draufklettern. Aber: Lao-time vergessen. Um halb neun kommt ein Opi, schleicht ein bißchen herum und holt dann den unter Blättern versteckten Schlüssel hervor, um das Tor aufzuschließen. 10.000 Kip und ein bißchen Gekletter später werden wir mit einen fantastischen Blick über die Berge und die Ebene belohnt, wir sind ganz alleine oben und haben die Morgenruhe für uns. Die Berge sind wie in den letzen beiden Tagen unter einem nebligen Dunst verborgen, so dass man sie nicht so richtig klar sehen kann.

Wahnsinnsaussicht!
Später gehen wir noch mal Tuben, aber mit nur zwei Bier und Cola für mich. Wir müssen uns ganz schön abstrampeln, um bis 18 Uhr wieder im Ort zu sein, danach muss man für die Schläuche Aufpreis zahlen. Mit Flipflops als Paddel schaffen wir es so gerade in 3 Stunden, die 3,5 km auf dem lahmen Strom (Trockenzeit) zurückzulegen. Ich werde morgen Muskelkater haben!
Abends gehen wir noch mal Essen (wie jeden Tag) und bemühen uns, ein Restaurant zu finden, in dem weder Friends noch Family Guy in der Endlosschleife laufen. Ein Haufen Leute sitzt in etlichen Bars wie erstarrt vor den Bildschirmen und guckt sich diesen Mist an, die Folgen müssen uralt sein, denn Jennifer Aniston sieht aus wie 25.
Nach diesen ganz gemütlichen Tagen in der laotischen Partyhochburg machen wir uns auf nach Luang Prabang. Im Bus haben wir uns mit einem Mädel unterhalten, die im Bungalow beklaut wurde und mit ihren Bekanntschaften im Krankenhaus war wegen kaputter Gelenke und ähnlichem. Angeblich sterben jedes Jahr eine Menge Touristen beim Tubing, wir sind also mit unserem Ohrproblem noch ganz gut weggekommen. Trotzdem machen wir uns sorgen, dass die Ohren wieder werden, denn wir wollen ja auch noch Tauchen!

Vientiane

Vientiane ist die Hauptstadt von Laos und kann mit seinen 450.000 Einwohnern immer noch so gemächlich sein wie der Rest des Landes. Auch hier passiert alles in Lao-time, eben irgendwann bald, nur keine Hetze.

Nach ein bißchen Erholung im Hostel sind wir mit dem Fahrrad los und haben zum ersten Mal mit mir als Fährtenführer eine kleine Rundfahrt gemacht. Natrürlich haben wir uns mindestens drei Mal verfahren, aber da die Stadt recht überschaubar ist, war es für Björn kein Problem, uns wieder nach Hause zu führen.
Wir haben Vat Sisaket besichtigt, waren danach auf dem Talat Sao (Morgenmarkt) und dem Talat Khoudadin, auf dem wir Noodle-Soup gefrühstückt haben.

Dann sind wir weitergeradelt zum Patuxai (Siegestor), einer Art laotischer Triumphbogen, den die Laoten angeblich aus dem Zement gebaut haben, der von den USA für eine neue Landebahn bereitgestellt wurde.

Patuxai
 Danach waren wir im Nationalmuseum, das eine geschichtliche Übersicht gibt, wenn man genug Muße hat, sich alles anzugucken und durchzulesen.

Die Stadt fand ich klasse: sehr ruhig, der Verkehr übersichtlich, überall Cafés, französische Bäcker und Märkte und Klamottenläden, alle sind ganz entspannt. Wir waren ausführlich shoppen, haben allerlei Backwaren und Eis gegessen. Abends waren wir beim Belgier (Fritten!) und haben uns danach im beliebtesten Restaurant der Stadt eine Flasche Laolao (laotischer Reisschnaps) bestellt und wollten den mit Softdrinks gemixt genießen. Leider hab ich das Zeug kaum runterbekommen, so dass Björn den größten Teil vertilgen musste. Die Einheimischen hat´s gut amüsiert, denn man trinkt das wohl pur. Die umgebenden Tische hatten jedenfalls was zu tuscheln, die bescheuerten Ausländer wieder! Der Kellner hat uns außerdem erklärt, dass es viel besser schmeckt, wenn man den Selbstgebrannten statt der Fabrikware trinkt.

Hier trinkt man eben eher Beerlao aus dem Eiskühler als Laolao mit Softdrinks

Im Laden gab es Live-Musik und uns hat die Sängerin mit ihrer tollen Soul-Stimme und ihrem Auftreten begeistert. Nach Ende des Konzertes haben wir kurz mit ihr gesprochen, da war sie überraschenderweise wieder eine schüchterne laotische Frau und nicht mehr die Rockröhre.
Am nächsten Tag sind wir mit den Rädern noch zum Nationalsymbol Laos´ gefahren, zum That Luang und haben uns etwas enttäuscht umgesehen. Leider konnte man nur die erste untere Ebene betreten. Aber die beiden Vats direkt daneben waren sehr schön zu besichtigen. Vor der Stupa konnte man wie so oft eingefangene Spatzen (so sehen sie aus) kaufen und dann freilassen. Damit kann man wohl sein Karma verbessern..

Spatzenverkäuferinnen
That Luang
 Das Abendessen haben wir zu meiner absoluten Begeisterung deutsch gestaltet, weil wir einen Supermarkt gefunden hatten, den dem es alles gab: Also mit Wurst, Käse, Kräuterbutter und einer Tüte Bagels an den Mekong. Den haben wir leider kaum gesehen, weil der Wasserstand so niedrig ist, dass man von der Promenade aus ca. 500 m bis zum Ufer laufen müsste. Na ja, das passiert uns beim Rhein nie, was?

Ich guck zwar nicht so, aber ich freu mich wie Bolle auf das Picknick!
 Trotzdem spielt sich abends das Leben an der Uferstraße ab: es gibt wie in Phnom Penh Aerobic-Kurse (diesmal richtig sportlich), Kind und Kegel sind unterwegs und kaufen Süßigkeiten, schlendern über den Markt mit Textilien, bemalen Ton-Spardosen oder essen zusammen.

Am nächsten Morgen ging´s schon wieder weiter. Leider haben wir unser Hostelzimmer doppelt bezahlt, weil wir uns nicht mehr 100%ig erinnern konnten, ob wir schon bezahlt hatten und das dann lieber nachgeholt haben (bevor wir noch die Zeche prellen). Nachdem uns klar wurde, dass wir doch schon bezahlt hatten, haben wir das Geld natürlich nicht wiedergesehen. Ein bißchen Lehrgeld müssen wir dann doch ab und zu zahlen.
Wir sind dann in den Bus gestiegen und glaubten, in 3 Stunden doch wohl die 150 km bis Vangvieng schaffen zu können, aber denkste. Der Bus war leider überbucht und wir haben ewig gebraucht, bis wir die letzten Touris eingeladen hatten, von denen zwei auf Plastikstühlen im Mittelgang Platz nehmen durften. Danach endlich los: auf die Buckelpiste, die 30 m asphaltiert war, um dann für 30 m wieder aus Schotter zu bestehen, dazwischen Schlaglöcher. Nach 6 Stunden waren wir in Vangvieng, geschüttelt und nicht gerührt.



Bus überbucht und Upgrade nicht möglich